Die Tageszeitung für Gießen

Wilfried Heuser
31.03.2003   

Siggi Richter ist tot !

Siggi Richter ist tot! Als mich diese Nachricht erreichte, war ich sehr betroffen. Betroffen vor allem deshalb, weil nicht irgendeiner aus dem Leben geschieden ist, sondern jemand, dem man eng verbunden war. In den letzten Jahren zwar räumlich getrennt, war der Kontakt zu „Siggi“ nach wie vor sehr eng. Über 30 Jahre waren wir in Sachen Journalismus berufliche Weggefährten. Dass sich in dieser Zeit daraus eine enge Freundschaft entwickelt hat, das muss man sicher nicht unbedingt betonen.
Siggi Richter ist tot: Diese Nachricht stimmt uns innerhalb der Redaktion sehr traurig. Obwohl er seit einigen Jahren in Berlin lebte – er hatte sich damit einen großen Wunsch erfüllt, wenngleich ihn in letzter Zeit das Heimweh nach Gießen doch immer häufiger überkommen hatte –, war er einer von uns. Es war mehr als die tagtägliche Verbindung aus beruflicher Sicht, es war der Mensch Siggi Richter, der uns nahe stand.
Und hier hatte er seine zwei Gesichter: Das eine war der Arbeiter Siggi Richter: Was er auch anpackte, er machte es mit Hingabe und viel Liebe zum Detail, vergaß dabei aber auch nicht – wenn er es für richtig und wichtig hielt – die Hand zu erheben und den Finger in die Wunde zu legen. Da war aber vor allem auch der Mensch Siggi Richter, der einem mit Rat und Tat zur Seite stand, wenn man Hilfe benötigte, der einfach da war, wenn man ihn brauchte.
Siggi Richter ist tot! Diese Nachricht wird vor allem auch die große Tischtennis-Familie in und um Gießen, ja sogar weit über die Grenzen Hessens hinaus treffen. Den Großteil seines Lebens hat er nämlich dem Tischtennissport, und hier insbesondere der Förderung des Nachwuchses, gewidmet. Es gibt kaum einen hessischen Spitzen-Tischtennisspieler, der nicht durch die Trainer- bzw. Betreuer-Hände von Siggi Richter gegangen ist. Ob ein Jörg Roßkopf oder ein Timo Boll, ein Hans-Jürgen Hackenberg, Hans-Jürgen Lammers oder eine Gerlinde Glatzer – alle haben sie von seinem Fachwissen profitiert und ihre Erfolge nicht zuletzt auch ihm zu verdanken.
Als Hessischer Schülerwart – ein Amt, das er über viele Jahre ausübte – war er maßgeblich daran beteiligt, dass Kontakte zu ausländischen Mannschaften und Verbänden geknüpft wurden. Siggi wäre aber nicht Siggi gewesen, wenn er die teilweise allzu starre Haltung des Verbandes nicht gerügt und sich häufig mit den Verantwortlichen harte Auseinandersetzungen geliefert hätte. Unter dem Strich war für ihn aber immer nur das Wohl und Wehe des Tischtennissports, und hier insbesondere des Nachwuchses, das Wichtigste.
In den letzten Jahren blieb Siggi, der sich darüber hinaus dem Tennis sehr zugetan fühlte und maßgeblich die Berichterstattung der Medenrunde im heimischen Bereich übernommen hatte, von Krankheiten nicht verschont. Immer wieder musste er herbe gesundheitliche Rückschläge hinnehmen, war mehrfach sehr deprimiert, hat es aber immer wieder geschafft, sich auch aus der schwierigsten Lage zu befreien. Nicht zuletzt hat ihm dabei die Arbeit wesentlich geholfen. Noch vor wenigen Tagen habe ich ihm mitgeteilt, dass die Tennis-Saison wieder bevorsteht und wir uns über die detaillierte Berichterstattung unterhalten müssen. Sein Rat war hier immer gefragt.
Siggi Richter wird nun nicht mehr federführend die Medenrunde begleiten können. Am Samstagmittag hat sein Körper nicht mehr mitgemacht, hat die Krankheit über ihn gesiegt. Im nächsten Monat wäre er 65 Jahre geworden.
Siggi Richter ist tot! Er wird uns und mir keinen Rat mehr geben können, er wird nicht mehr über Tischtennis oder Tennis berichten. Sein „Hallo Jungs, wie geht es?“ wird uns fehlen, ebenso seine verbindliche Art. Wir haben einen Kollegen verloren, vor allem aber den Menschen und ich persönlich den Freund Siggi Richter. Wilfried Heuser

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