Viel zu vage erschien dem Vorstand, aber auch den Kreisvertretern die Möglichkeit, dass im März die Sporthallen wieder geöffnet werden und damit zumindest eine Einfach-Runde noch absolviert werden könnte. Ob auch andere Möglichkeiten diskutiert wurden und welche Auswirkungen die Pandemie generell auf den Tischtennis-Sport haben könnte, erläutert HTTV-Geschäftsführer Dennis Erbe im Interview.

Herr Erbe, der Hessische Handball-Verband hat für eine Fortsetzung der Saison auf Zeit gespielt. Erst an Ostern soll über einen Abbruch oder eine Weiterführung der Runde entschieden werden. Das kam für den HTTV nicht in Betracht?

Nein. Wir haben uns den Terminkalender angeschaut und es ist tatsächlich so gewesen, dass in einigen Ligen Mannschaften noch neun Spiele für eine Einfachrunde absolvieren müssten. Bei zehn Wochen, die für diese Saison noch zur Verfügung stehen, kann sich jeder ausrechnen, dass das schwierig wird, da noch Ostern, Pfingsten und beispielsweise Christi Himmelfahrt dazwischen liegen. Das macht es eigentlich nahezu unmöglich.

Und die Saison weiter nach hinten schieben, war keine Möglichkeit?

Das hätte man machen können. Darüber wurde auch nachgedacht. Aber man wollte nicht den gesamten Rahmenterminplan umwerfen. Darüber haben wir uns dann auch mit dem DTTB und den anderen Landesverbänden verständigt. Bis auf den Westdeutschen Verband haben ja jetzt auch alle die Reißleine gezogen. Irgendwann muss man einfach die Notbremse ziehen. Ich weiß natürlich nicht, wie weit der Handball mit seiner Terminplanung noch nach hinten gehen kann. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass am 7. März oder am 14. März die Hallen wieder bespielbar sind. Das dauert meiner Meinung nach in vielen Städten und Kommunen noch bis nach Ostern.

Gibt es Alternativangebote, die der Verband den Vereinen nahelegt?

Ja, im Tischtennis gibt es den VR-Cup, also eine Turnierform, die die Vereine austragen. Das könnte eine Möglichkeit sein, in dieser Saison noch wettbewerbsmäßig zu spielen. Wenn die Sporthallen wieder geöffnet werden, sind wir vorbereitet. Tischtennis ist ein Sport mit Abstand, das können wir für uns deklarieren. Ein VR-Cup beispielsweise lässt sich auch mit zehn Spielern in einer Halle durchführen. Da ist der nötige Abstand gewährleistet. Und das wurde ja auch im Mai so gehandhabt, als der erste Lockdown vorbei war. Es scheint ja wirklich kaum vorstellbar, dass in irgendeiner Hallensportart, aber auch bei den Amateur- Fußballern eine Saison zu Ende gespielt werden kann. Ja, wichtig ist doch erst einmal, dass der Trainingsbetrieb wieder läuft, aber auch dass sich die Vereine über ihre Mitgliederbindung Gedanken machen. Das haben die großen Vereine vielleicht hinbekommen, bei den kleineren bin ich da etwas skeptisch. Ich kann aber natürlich nicht in die Vereine hinschauen.

Was meinen Sie genau mit Mitgliederbindung?

Sich zunächst einmal über die Vereinsangehörigen überhaupt zu informieren. Vielleicht sogar mal den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und die Mitglieder anzurufen, um zu fragen, wie es ihnen geht. Bei einigen Vereinen läuft das recht gut über eine Homepage oder eine WhatsApp-Gruppe. Das ist richtig. Aber es gibt eben auch kleinere Vereine, die so etwas nicht leisten können. Da sollte man dann notfalls auch per Telefon die Mitglieder informieren, wann vielleicht die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs geplant ist oder ob sich etwas Neues im Verein ergeben hat. Das meine ich mit Mitgliederbindung.

Kann ein Verband die Vereine beispielsweise bei der Erstellung einer guten Homepage unterstützen?

Ja. Der Westdeutsche Verband hat ein Konzept mit dem Namen „Zurück zum Tischtennis“ entwickelt. Dem will sich jetzt auch der DTTB anschließen und die Landesverbände einbeziehen. Da müssen wir schauen. Wir können natürlich nicht die Vereine zu etwas drängen. Wir können nur versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten Angebote zu machen.

Zurück zur Entscheidung über das Saisonende: Kam dieser schnell und einstimmig zustande?

Ja, das war ein Präsidiumsbeschluss. Wir haben vorher aber auch die Kreisund Bezirksvertreter gefragt. Und es war Konsens, die Saison zu beenden, um Planungssicherheit für die Vereine zu erlagen.

Haben Sie danach Rückmeldungen der Vereine erhalten?

Ganz, ganz wenig. Im Gegensatz zum ersten Abbruch. Damals gab es ja fast schon eine Art von Shitstorm, den wir geerntet haben. Aber diesmal gab es fast nichts. Wir haben nur ein paar Rückmeldungen darauf bekommen, dass wir die Startgebühren zu einem Drittel zurückerstatten. Was für die Finanzbehörden im Gegensatz zu einer Erstattung der Mitgliedsbeiträge wiederum zulässig ist.

Also die Vereine dürften gar nicht, selbst wenn sie wollten, ihren Mitgliedern die Beiträge zurückerstatten, weil sie kein Sportangebot machen können?

Nein, ein Beitrag ist nicht rückerstattungsfähig. Das habe ich auch Vereinen, die das geplant hatten, so mitgeteilt. Wobei das momentan sehr schwierig ist, weil es vom Gesetzgeber und denjenigen, die es auslegen, unterschiedliche Meinungen gibt. Bei einer Rückerstattung der Mitgliedsbeiträge könnte sich ein Verein der Schädigung der Gemeinnützigkeit aussetzen, aus Sicht der Finanzbehörden. Also Vorsicht!

Und erhalten Sie Nachricht aus den Vereinen, dass diesen in der Corona- Zeit die Mitglieder wegbrechen?

Nein, auch in diesem Bereich gibt es wenige Rückmeldungen. Aber ja, meine Vermutung geht schon in diese Richtung, dass das passieren wird. Wir haben schließlich fast eineinhalb Jahre lang auch keine Nachwuchsförderung durch unsere Minimeisterschaften, Schul-AG und andere Breitensportangebote betreiben können. Wenn wir den Nachwuchs nicht in die Halle bekommen, geht uns ja ein ganzer Jahrgang verloren. Dieses Problem hat natürlich der gesamte Sport.

Müssen dann die Verbände demnächst ihre Nachwuchswerbung intensiveren?

Mein Anliegen bleibt es, dass wir die Nachwuchsarbeit in den Vereinen beispielsweise mit bezahlten Trainern stärken müssen. Wir müssen an der Basis mehr machen, damit die Vereine auf ein gutes Level kommen.

Halten Sie es für möglich, dass nach der Corona-Zeit viele ältere Spieler gar nicht mehr in ihre Mannschaften zurückkehren, weil sie sich an eine Freizeit ohne Tischtennis gewöhnt haben?

Ja, ich befürchte schon, dass viele feststellen: „Ich bin jetzt in meiner Wohlfühlzone, so sehr habe ich den Sport gar nicht vermisst, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören.“ Da gegenzusteuern liegt an den Vereinen, in dem sie die Gemeinschaft, die soziale Komponente in den Mittelpunkt stellen. Da kann der Verband wahrscheinlich wenig gegen tun.

Bietet der HTTV den Vereinen diesbezüglich auch Beratungen an?

Aber ja, wir haben mit Markus Reiter einen Vereinsberater, der gerne bei all diesen Fragen zur Verfügung steht. Leider wird das nicht oft in Anspruch genommen. Ich wünsche mir, dass wir diesen Bereich forcieren können, vielleicht irgendwann mit einer hauptamtlichen Stelle.

Fürchten Sie zur kommenden Saison einen Rückgang bei Vereinen und Mannschaften?

Das ist natürlich nur Spekulation, aber ich befürchte, dass uns zwischen 10 und 15 Prozent der Mannschaften wegbrechen. Gerade im Jugendbereich wird sich die Corona-Zeit bemerkbar machen.


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